In einem Bildband, der 1979 aus Anlass der Jarren-Gedächtnis-Ausstellung (Matthias Jarren war ein Itzehoer Maler) des Künstlerbundes Steinburg herausgegeben wurde, warb eine Anzeige für den Besuch des Restaurants „Zur Lohmühle“ in Hohenlockstedt. Das ist jetzt 44 Jahre her. Ein Hauch, wenn man bedenkt, dass die Lohmühle als Anlage schon 1528 bestand. Was eine Lohmühle ist, schreibt Wikipedia:
Eine Lohmühle dient zur Zerkleinerung der für die Lohgerberei notwendigen pflanzlichen Gerbmittel. Es werden vor allem Fichten- und Eichenrinden aus Lohwäldern zur Lohe zermahlen. Diese ist sehr gerbsäurehaltig und deshalb geeignet zum Gerben von Leder. Das Material wurde aber ursprünglich auch zur Konservierung von Fischernetzen, Tauen und Segeln verwendet. Lohe war seit dem Mittelalter ein wichtiges Handelsgut, das dem Stapelrecht unterworfen war.
… In der Nähe früherer Gerbereien fanden sich häufig Lohmühlen. Ihre Standorte fanden oft Eingang in Straßen- oder Gaststättennamen …
Auch der Hohenlockstedter Lohmühlenteich ist nach einer früher dort gelegenen Lohmühle benannt.
In seiner 1962 erschienen, im Allgemeinen recht nationalistisch geschriebenen „Geschichte des Truppenübungsplatzes Lockstedter Lager und seine Entwicklung zum Industriestandort Hohenlockstedt“ schrieb H.A.Glissmann:
Als Mühlenbetrieb zum Vermahlen der Lohe (Eichenrinde und Fichtenaltholz) war die Lohmühle seit 1882 kaum mehr benutzt worden. Während der Anlage der Rieselfelder in den Jahren von 1898 bis 1906, wurde das große Mühlenrad abmontiert und durch Turbinen ersetzt. Die Turbinen lieferten den Strom, der notwendig war, um die Abwasserpumpen elektrisch anzutreiben. Neben dem sog. Artillerie-Nebendepot, dessen Büro in der Lagerstraße, heute Breite Straße, war, hatte die Lohmühle schon seit 1906 elektrische Beleuchtung. Im Lagerkomplex wurden erst 1920 elektrische Anlagen gebaut.
Das heutige Maschinenhaus am Lohmühlenteich steht überwiegend auf den Grundmauern der alten Mühle, die ebenfalls nach 1906 nach und nach abgebaut wurde.
Erhalten ist von der alten Lohmühle nur noch das Wirtschaftsgebäude, in dem sich der heutige Gaststättenbetrieb „Lohmühle“ befindet.
Daß der heutige Gastwirt und Eigentümer Peter Kahlweldt eine großes Interesse an der Pflege alten Brauchtums hat, kann man an seiner Antiquitätensammlung erkennen. Als versierter Geschäftsmann weiß er aber auch die Zeit zu nutzen. Möge trotz Wirtschaftswunder und sonstiger Konjunkturen an dem heutigen Gaststättenbetrieb „Lohmühle“ die Tradition haften bleiben, die diesem Fleckchen Erde als Teil unserer Heimatgemeinde wirklich gebührt.
Da hat sich der Glissmann wohl vertan. Wer heute durch den Lohmühlenweg zur Lohmühle geht oder fährt, um seinen Sonntagsspaziergang am Teich entlang zu machen, sieht linker Hand durch eine hohe Hecke ein traurig verfallendes Gebäude, das wahrscheinlich älteste Gebäude der Gegend.
Ist das ein weiteres Beispiel für unser Umgehen mit der Gemeinde? Natürlich ist es nicht möglich, alles Alte zu bewahren, und in der Vergangenheit zu verharren. Etwas, was Identität stiftet lohnt jedoch schon den Erhalt. Mit immensen Mühen restauriert die Arthur Boskamp-Stiftung derzeit den Högerbau, welch ein Glück. Was wäre das für ein prägendes Bild für Hohenlockstedt, hätte man das Kasino im Ortskern erhalten, und sich um den Erhalt des Gasthauses „Zur Lohmühle“ bemüht.
Heute bejammern wir das Sterben der Kneipen und das Fehlen einer Stätte, die Treffpunkt sein kann – wie es beschriebenes Gasthaus hätte sein können – und in Wahlprogrammen taucht die Forderung nach einem Bürgerhaus auf. Es macht wohl Sinn, sich ab und zu der Möglichkeiten und Gegebenheiten zu besinnen, die gerade da sind.
Indirekt erinnert ein Gedenksteinchen an die Gaststätte. Nicht direkt, denn der Gedenkstein ist Minna Faass gewidmet, die in dem Bändchen „Pickelhauben und Kartoffeln“ zitiert wird:
Im Winter 1915, als die ersten jungen Männer in graugrünen Lodenanzügen in den Massivkasernen eingezogen waren, lag über allem noch Heimlichkeit, und bei den Einwohnern wurde viel vermutet. Eines Tages spülten wir jungen Mädchen Wäsche im Lohmühlenteich. Die Lohmühle ist mein Elternhaus. Wir sahen, daß am Wasser einige dieser Männer Pionierdienst machten. Einer kam heran und half uns den Wäschekorb tragen. Auf mein Bitten, zur Truppe zurückzugehen, bekam ich die Antwort: ,,Wenn ich schöne Mädchen sehe, muß ich immer helfen!“ Und fröhlich haben wir gelacht. Da ich als Tochter des Hauses die Gäste im Gasthof bediente, habe ich heute nach 50 Jahren noch vieles in Erinnerung. Sehr beliebt waren unsere Eier-Pfannkuchen, und spaßig war es anzuhören, wenn in gebrochenem Deutsch „Pannukakku“ bestellt wurde.

Immer wieder tolle, interessante Berichte auf dieser Seite! Danke!
Mit Interesse las ich euern Artikel über die Lohmühle, oder besser: über die Gastwirtschaft „Zur Lohmühle“. 1981 habe ich in der Veranda mal gespeist und die Ambiente des Lokal bewundert. (Stil-)Echt schick war es. Im selben Jahr hat sich die WVH dort gegründet. Das ist Geschichte.
Geschichte ist auch, dass unser ehemalige Genosse und Fraktionsvorsitzende Stoffi Böge enge Kontakte zu Herrn Kalweldt pflegte. Ihm ging es darum, das Haus für die Nachwelt zu erhalten. Wer Stoffi damals kennengelernt hat, wird erinnern, wie sehr ihm Erhaltenswertes am Herzen lag. Das gilt auch für die „Zue Lohmühle“. Erinnern kann ich mich nicht, dass ihm dabei irgendjemand zu Hilfe kam. Eine Lobby für den Erhalt des Gasthauses existierte im nicht. Ob schwierige Eigentumsverhältnisse mitverantwortlich für den Verfall es Gebäudes sind, wird sich heute wohl nicht mehr klären. Traurig ist es allemal.
Diskussionswürdig ist aber, ob heutiges „Kneipensterben“ und die Geschichte der „Zur Lohmühle“ in Zusammenhang gestellt werden sollten. Ich meine nicht.
Man mag über unseren früheren Genossen denken wir man will. Aber in diesem „Fall“ sollte man seinen Namen nicht unterschlagen.
Es grüßt Euch Theo
Moin Theo, Danke für deinen Kommentar. Mein Schwiegervater Otto Soyka kannte Peter Kahwelt auch gut. Ihm lag, wie wohl auch Stoffi Böge viel am Erhalt der Gaststätte. Rolf Laue wird wohl auch Einiges dazu sagen können.
Der Titel des Beitrages mag ein wenig irritieren, denn „Zur Lohmühle“ war vielleicht eher ein Restaurant. Was Kneipe und Restaurant eint, ist, das es beides Stätten der Begegnung sind. Und danach rufen wir.