In der Nacht auf den 29. Mai 1993 wurden bei einem rassistisch motivierten Brandanschlag fünf Frauen und Mädchen mit türkischer Migrationsgeschichte getötet, weitere Familienmitglieder erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen. Es war der bis zu diesem Zeitpunkt folgenschwerste rassistische Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik.
Wenige Tage nach dem Anschlag wurden die Täter festgenommen: Vier männliche Jugendliche aus der Solinger Nachbarschaft – zwischen 16 und 23 Jahre alt. Alle vier waren schon zuvor mit rechtsextremen Äußerungen aufgefallen.
Die Täter wurden wegen fünffachen Mordes in Tateinheit mit 14-fachem versuchten Mord und besonders schwerer Brandstiftung zu Jugend- und Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die Morde aus niederen, rassistischen Beweggründen begangen worden seien.
Solingen war nicht der Anfang einer Welle rechtsextremer Gewalt in den Jahren nach der Wiedervereinigung. Dem militanten Rassismus war eine lange, aggressive und emotional aufgeladene Debatte in Medien und Politik um das Asylrecht und um Flüchtlinge vorausgegangen. Die Zuwanderung nach Deutschland zu Beginn der 1990er Jahre stark an. Der Zuzug von Aussiedler*innen aus den ehemaligen sowjetischen Ländern und Asylbewerber*innen und aus Kriegs- und Krisengebieten erreichte zum damaligen Zeitpunkt seinen Höhepunkt.
Despektierliche Schlagworte wie „Überfremdung“ und „Asylantenschwemme“ bestimmten die Debatte. Flüchtlinge wurden als „Schmarotzer“ bezeichnet, die Rede vom „Zustrom von Asylbewerbern“, die auf Kosten des deutschen Staates lebten, erlangte Anfang der 1990er Jahre eine hohe Popularität.
Rassistische Argumentationsmuster, die zum Teil auch von demokratischen Parteien propagiert wurden – Zuwanderung wurde politisch als bedrohlich markiert – verstärkten ausländer- und migrationsfeindliche Stimmungen. Vor allem rechtsextreme Gruppen griffen diese Stimmung auf.
Haben wir diese Zeiten überwunden? Oder schicken sich rassistische Denkmuster weiter an, salonfähig zu werden?
Laut der aktuellen Leipziger Autoritarismus-Studie , die 2022 von der Universität Leipzig in Kooperation mit der Heinrich-Böll- und Otto Brenner-Stiftung veröffentlicht wurde, haben 2,7 Prozent der deutschen Bevölkerung ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Zu einem solchen zählen u.a. Antisemitismus, Chauvinismus, Fremdenfeindlichkeit, Sozialdarwinismus oder Verharmlosung des Nationalsozialismus. Der Studie zufolge sind rechtsextreme Einstellungen überall in der Gesellschaft anzutreffen. Zwar sind sie deutlich zurückgegangen, dagegen ist aber der Hass auf Migrantinnen und Migranten, Frauen, Musliminnen und Muslime und andere marginalisierte Gruppen in Deutschland angestiegen und weit verbreitet.
Die SPD steht für Weltoffenheit und gegen Ausgrenzung – nicht nur an einem Tag des Gedenkens.
( Der Beitrag basiert auf einer Seite der bpb.)